Datacolor SpyderLensCal - Testbericht, Praxistest
Auf der Photokina 2010 präsentierte die schweizer Firma Datacolor, die als Spezialist für Farbmanagement-Lösungen gilt, ein Produkt, das die Probleme durch Ungenauigkeiten beim Autofokus moderner DSLRs lösen soll: das SpyderLensCal.
Dabei handelt es sich um ein Tool, mit dem sich die Abweichungen des Autofokus von der optimalen Fokussierung bestimmen und - mit Kameras, die über eine Funktion zum Focus-Micro-Adjustment verfügen - ausgleichen lassen. Dabei wurde auf eine möglichst einfache Bedienbarkeit geachtet, so dass auch auf diesem Gebiet unbedarfte Anwender den Autofokus ihrer Kamera-Objektiv-Kombinationen kalibrieren können. Ob dies gelungen ist, wird unser nachfolgender Testbericht zeigen. Datacolor wirbt damit, dass sich mit Hilfe des SpyderLensCal-Tools zahlreiche Anwender das Einschicken von Kamera und/oder Objektiv zum Hersteller ersparen können, indem sie mögliche Autofokusfehler selbst messen und korrigieren.
Wenn Sie sich vorab detaillierter mit dem Thema Autofokus von Spiegelreflexkameras befassen möchten, empfehlen wir Ihnen unserer umfangreiche Webseite Autofokus - Automatisch blitzschnell scharfstellen im Rahmen unserer Fotografie-Grundlagen.
Aufbau und Funktion des SpyderLensCal
Das SpyderLensCal ist aus strapazierfähigem Kunststoff hergestellt, und kommt in einer kleinen, flachen Box, die das Tool im zusammengefalteten Zustand enthält.
Es besteht aus einer Grundplatte, die über ein Stativgewinde und eine eingebaute Wasserwaage in Form einer kreisrunden Libelle verfügt. Über Scharniere daran befestigt ist eine weitere Platte, die im 90° Winkel zur Grundplatte aufgestellt als Fokusebene fungiert. Zu diesem Zweck ist sie mit einem schwarz-weißen Rautenmuster bedruckt, auf das sich optimal fokussieren lässt. An der rechten Seite der Konstruktion befindet sich ein Lineal, das im 45° Winkel zur Grundfläche und zur Fokusebene verläuft. Dieses Lineal ist an der Grundplatte ebenfalls mit einem Scharnier befestigt und verfügt auf der Rückseite über einen Anschlag, an dem die Fokusebenenplatte anliegt und somit im 90° Winkel zur Grundplatte arretiert wird. An der Vorderseite ist das Lineal mit einer Skala bedruckt, deren Nullpunkt den Schnittpunkt mit der Fokusebene darstellt.
Aus dieser Konstruktion lässt sich schon die Funktionsweise erahnen: Man stellt auf die Fokusebene scharf und fotografiert das SpyderLensCal so, dass die Fokusebene parallel zur Sensorebene verläuft - also frontal auf das Rautenmuster ausgerichtet. Da der Nullpunkt auf der Fokusebene verläuft, sollte dieser im Bild somit der schärfste Punkt auf der Skala des Lineals sein. Ist aber ein anderer Teil der Skala, also etwas unterhalb oder überhalb des Nullpunkts schärfer als eben dieser, so weiß man, dass man es hier mit sogenanntem Backfocusing bzw. Frontfocusing zu tun hat, die Kamera also etwas hinter oder vor der eigentlich zu fokussierenden Ebene scharf gestellt hat.
Anwendung des SpyderLensCal
Das mag zunächst alles recht einfach klingen, allerdings ergeben sich bei der praktischen Anwendung gewisse Aspekte, auf die man achten und somit mit Sorgfalt vorgehen muss.
Als erstes muss das SpyderLensCal natürlich aufgeklappt werden. Man klappt also die Fokusebenenplatte und das Lineal nach oben, und zwar so, dass der Anschlag an der Rückseite des Lineals hinter der Fokusebenenplatte an dieser anliegt, sie somit vor dem Zurückklappen sichert und mehr oder weniger exakt im 90° Winkel positioniert wird.
Der nächste Schritt ist das sorgfältige Ausrichten von Kamera und SpyderLensCal zueinander. Die Sensorebene der Kamera und die Fokusebene am SpyderLensCal müssen für eine exakte Kalibrierung auch exakt parallel zueinander ausgerichtet sein. Dieser Schritt ist sehr wichtig und unabdingbar für eine erfolgreiche Anwendung des SpyderLensCal. Man sollte hier mit Ruhe und Sorgfalt zu Werke gehen, da eine ungenaue Ausrichtung eine fehlerhafte Kalibrierung zur Folge hat.
Am besten funktioniert die Ausrichtung, wenn man sowohl das SpyderLensCal als auch die Kamera jeweils auf ein Stativ schraubt. So kann man beide Komponenten optimal ausrichten. Am SpyderLensCal leistet dafür die eingebaute Wasserwaage unverzichtbare Hilfestellung, und auch an der Kamera sollte man eine zweidimensionale Wasserwaage für den fotografischen Gebrauch (ausführliche Infos zu Wasserwaagen finden Sie auf unserer Seite Wasserwaagen für die Fotografie) befestigen, sofern sie nicht schon über eine eingebaute digitale Wasserwaage verfügt.
Man bringt also sowohl die Kamera als auch das SpyderLensCal in exakt waagrechte Position und achtet darauf, dass sie auf gleicher Höhe liegen, so dass das SpyderLensCal möglichtst formatfüllend etwa in der Mitte des Bildes liegt.
Nun hat man die beiden Komponenten in zwei Dimensionen exakt zueinander ausgerichtet. Für die dritte Dimension, also ein seitliches Verkanten der beiden Ebenen zueinander, bietet das System leider kein Hilfsmittel. Hier muss man sich auf sein Augenmaß verlassen. Dabei kann ein auf dem LiveView-Display einblendbares Gitternetz hilfreich sein: Steht die Fokusebenenplatte schräg zur Sensorebene, so verlaufen die obere und die untere Kante der Fokusebenenplatte nicht parallel zu den Gitternetzlinien, sondern verjüngen sich nach links oder rechts.
Nachdem die Ausrichtung abgeschlossen ist, kann man nun das SpyderLensCal fotografieren. Theoretisch ist es am besten, die größtmögliche Blendenöffnung zu wählen, weil diese die geringste Schärfentiefe liefert. In der Praxis ist es allerdings so, dass bei offener Blende Objektivfehler zur Geltung kommen, welche die exakte Beurteilung der Schärfe erschweren können. Es ist also vor allem bei günstigen Objektiven sinnvoll, ein bis zwei Stufen abzublenden. Sollten sie wegen den Lichtverhältnissen mit längeren Belichtungszeiten arbeiten, so achten Sie auf ein möglichst erschütterungsfreies Auslösen: Arbeiten Sie mit einem Fern- oder dem Selbstauslöser und nutzen sie ggf. die Spiegelvorauslösung.
Ist das Foto "im Kasten", so entfernt man die Speicherkarte, und betrachtet das Ergebnis bei 100%iger Skalierung am Monitor des Computers - den Aufbau von Kamera und SpyderLensCal lässt man am besten erstmal unverändert. Natürlich könnte man das Ergebnis auch am kamerainternen LCD betrachten, aber eine exakte Beurteilung der Schärfe fällt an einem richtigen Monitor doch wesentlich leichter.
Bei einem optimal eingestellten Autofokus wäre der Nullpunkt auf der Skala des Lineals am schärfsten, da dieser ja auf derselben Ebene wie die Frontseite der Fokusebenenplatte liegt. Ist nun eine andere Stelle der Skala schärfer als der Nullpunkt, so muss der Autofokus eingestellt werden.
Dazu aktiviert man die Funktion zur Autofokuskalibrierung im Menü der Kamera. Bei den meisten Kameras, die über diese Funktion verfügen, lässt sich je ein Korrekturwert für unterschiedliche Objektive festlegen. Wir haben die Fokuskalibrierung an einer Canon EOS 50D ausgeführt.
Klicken Sie auf das nebenstehende Thumbnail, um folgende Schritte auch anhand von Screenshots des Kameradisplay nachvollziehen zu können: Man aktiviert das Custom-Functions-Menü (Schritt 1) und dort den Menüpunkt C.FnIII: Autofokus/Transport. Hier wählt man Funktion Nummer 7 AF Feinabstimmung aus (Schritt 2) und aktiviert Option Nummer 2 Abstimmung pro Objektiv (Schritt 3). Nun kann man den Korrekturwert für das angesetzte Objektiv (in unserem Beispiel das Canon EF 17-40mm f/4L USM) einstellen (Schritt 4).
Die Höhe des Korrekturwerts passt man der Stärke der Abweichung, und das Vorzeichen des Korrekturwerts der Richtung der Abweichung an. Das heißt, liegt der Fokus hinter dem Nullpunkt, so muss man einen negativen Korrekturwert (z.B. -2) einstellen, liegt er vor dem Nullpunkt, so muss der Korrketurwert im positiven Bereich (z.B. +3) liegen.
Ein Klick auf das linke Thumbnail öffnet eine Darstellung des rot eingezeichneten Bildausschnitts unserer Aufnahme des SpyderLensCal in Originalgröße. Sie können sehen, dass der Fokus etwas hinter dem Nullpunkt liegt: Der Bereich um den Wert 2 auf der Skala hinter dem Nullpunkt ist am schärfsten abgebildet. Hier müsste man also einen negativen Korrketurwert einstellen. Das Bild auf der rechten Seite zeigt eine Fokussierung etwas vor dem Nullpunkt, der eines positiven Korrekturwerts bedarf. Der Bereich um den Wert 2 auf der Skala vor dem Nullpunkt ist hier am schärfsten abgebildet.
Hat man den Korrekturwert an der Kamera eingestellt, wiederholt man die Aufnahme unter Beibehaltung aller Kameraeinstellungen. Nun sollte der Fokus schon deutlich näher am Nullpunkt liegen. Ist er noch nicht exakt getroffen, so wiederholt man den Vorgang, bis man den passenden Korrekturwert ermittelt hat. Im nebenstehenden Bild sehen Sie eine optimale Fokussierung: Der schärfste Bereich liegt genau auf dem Nullpunkt.
Bei der Beurteilung der Schärfenebene ist es wichtig zu beachten, dass die Schärfentiefe, also der noch scharf dargestellte Bereich vor und hinter der Schärfenebene, immer etwa zu zwei Drittel hinter, und nur zu einem Drittel vor der eigentlichen Schärfenebene liegt. Beachtet man diesen Umstand nicht, so kann man sich bei der Lokalisierung der Schärfenebene und der Ermittlung des Korrekturwerts durch den Verlauf der Schärfentiefe täuschen lassen.
Desweiteren sollte man sich bewusst sein, dass eine Kalibrierung des Autofokus in der Regel nur bei Objektiven mit Festbrennweite sinnvoll einsetzbar ist, da bei Zoomobjektiven die Abweichung des Autofokus je nach eingestellter Brennweite variieren kann.
Fazit
Das SpyderLensCal von Datacolor ist ein praktisches Tool zur Feineinstellung des Autofokus an Kameras, die über eine entsprechende Funktion verfügen. Lediglich die Ausrichtung von Kamera und SpyderLensCal ist eine etwas heikle Angelegenheit, bei der man mit Ruhe und Sorgfalt vorgehen sollte, um optimale Ergebnisse zu erhalten.
Wir empfehlen das SpyderLensCal allen, die über eine Kamera mit einer Funktion zum Focus-Micro-Adjustment verfügen und die höchstmögliche Schärfeleistung aus ihren Objektiven mit Festbrennweite herausholen möchten. Die erzielbare Steigerung der Bildqualität hinsichtlich Schärfe ist den geringen Preis allemal wert.
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